Gedanken zum Bauhausjubiläum

NRK-Silhouette (Vorschau)

von Johannes Lengert, Mai 2019

Blau, gelb, rot. Die Grundfarben. Dazu kommen schwarz und weiß. Das ist schon das Farbprogramm des Bauhauses gewesen. Diese Farben formen das kleine „b“ als kräftige Balken. Die Fläche in der b-Mitte ist von einem schwarzen Quadrat ausgefüllt. Das ist aber auch der Umschlag eines „Taschen“-Buches über das Bauhaus, mit dem dessen hundertjähriges Jubiläum gefeiert wird.

Der Taschen-Verlag hat in seiner Bibliotheca Universalis eine aktualisierte und überarbeitete Neuauflage der Bauhausgeschichte 1919 bis 1933 von Magdalena Droste rechtzeitig zum Jubiläumsjahr herausgebracht. Dieses Buch enthält zahlreiche, auch neue Abbildungen, die neben der Textdarstellung verdeutlichen, welche Rolle die Malerei in den Anfangsjahren des Bauhauses spielte, bevor die Ausrichtung auf die Architektur die Oberhand gewann.
Johannes Itten, Paul Klee, Josef Albers, Wassily Kandinsky und Oskar Schlemmer lehrten zeitweise am Bauhaus, zunächst in Weimar, dann in Dessau. Für die Bauhausschüler war ein Einführungsseminar verpflichtend, dem eine Farb- und Formenlehre zugrunde lag, die auf den Grundfarben und den geometrischen Formen Kreis, Dreieck und Quadrat aufbaute.

Was uns heute selbstverständlich erscheint, sowohl in der Malerei als auch in der Architektur, wurde in der knapp vierzehnjährigen Existenzphase des Bauhauses systematisiert, und ohne dass wir groß darüber nachdenken, scheinen im heutigen Design, sei es bei Möbeln, Wandschmuck, Gebrauchsgegenständen, die oben genannten Formen und Farben auf. Unbestritten hat die „Hochschule für Gestaltung“ ihre Vorläufer, im Organisatorischen und Künstlerischen. Es ist nicht plötzlich alles neu gedacht oder geschaffen worden. Was mich mit dem Jubiläum verbindet, ist die Erfahrung, dass ich in einigen meiner Bilder auf eine farbliche Reduktion und Formgebung zurückgriff, die schon im Bauhaus gelehrt wurde. Bei der Lektüre des „Taschen“-Buches entstand dann Klarheit über die ungeahnten Einflüsse.

NRK-Wand
„NRK-Wand“.

Neue Klarheit ist auch ein Grundprinzip mancher moderner Architektur, mag sie auf griechisch-römische Tradition zurückgehen oder auf die klassische Moderne. Sollte schließlich die architektonische Klarheit mit der Betonung der Senkrechten und Waagerechten, mit dem Quadrat als Ausgangspunkt des Bauens seinen Niederschlag in den Köpfen von Studierenden finden? Im Oberhausener Weiterbildungskolleg könnte das der Fall sein. Oswald Matthias Ungers, ein Schüler Egon Eiermanns, hat hier von 1953 bis 1958 ein architektonisches Ensemble gestaltet, das formalistische und geometrische Strenge ausstrahlt, die wir auch bei Bauhaus-Architekten wiederfinden, die jedoch auch ein Zeitgefühl spiegelt.

NRK Ungers
„NRK Ungers“.

Mehr als zwei Jahrzehnte habe ich als Lehrer am Oberhausener Weiterbildungskolleg gearbeitet. Die von Ungers geschaffenen Räume und Fassaden sind mir dabei zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Die Beschäftigung mit der Geschichte des Bauhauses, der Blick auf meine „alte Schule“ aus einer gewissen zeitlichen Distanz, durch die häufig erst das architektonisch Besondere bewusst wird, haben mich dazu angeregt, einige Bilder zu malen, die gezielt auf die Ungersche Formgestaltung Bezug nehmen und gleichzeitig mit den Grundfarben, wie sie das Bauhaus zum Lehrprinzip erhoben hat, spielen.

NRK Blaupause (Skizze)
„NRK Blaupause“ (Skizze).

Ungers Farbgestaltung sind der rötliche Ziegelstein in der Fläche und der graue Beton bei den tragenden vertikalen und horizontalen Elementen. Wenn man – mit dem Auge der Kamera – Segmente aus Wänden, Portalen, Fassaden herausschneidet und Licht und Schattenwirkungen farblich neu interpretiert, durch ein kräftiges Rot und Blau oder die Komplementärfarben rot und grün, oder wenn man die Baustrukturen in Weiß auf peußischblauem Grund wie eine Blaupause entstehen lässt, können das Quadrat und das Rechteck trotz der räumlichen Reduktion eine neue Strahlkraft gewinnen. Dann kann das Porträt des Architekten vor einem Bautrakt des Kollegs, dann können die streng wirkenden Gesichtszüge, dem Bauwerk eine Note geben, die den Menschen hinter seinem Werk zeigen.
Das Niederrhein Kolleg in Oberhausen liegt etwas versteckt, fast peripher, als hätte es etwas zu verbergen. Doch im Gegenteil: es hat viel zu zeigen, nämlich eine bedeutsame Architektur und im Innern auch eine ganze Menge neu erstellter Kunst.

Bei Interesse sind mehr Beiträge zum Niederrhein-Kolleg hier zu finden.

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